Sozialversicherung: Selbstständig tätig oder in einer abhängigen Beschäftigung?

Bei Betriebsprüfungen der Sozialversicherung kommt es immer wieder zum Streit, ob jemand für einen Betrieb selbstständig tätig ist oder in einer abhängigen Beschäftigung steht. Aktuell musste sich das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg mit dieser Thematik beschäftigen.

25. Oktober 2023
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Ein scheinbar einfacher Auftrag wird zum Streitthema des Landessozialgerichtes Berlin-Brandenburg. Worum ging es? Ein Flugtrainer bildet an Flugsimulatoren künftige Piloten aus. Dafür vereinbarte er mit seinem Auftraggeber einen Stundensatz von 110 Euro. Nach Ansicht des Landessozialgerichts stand der Trainer in einer abhängigen Beschäftigung – und zwar aus folgenden Gründen:

Der Trainer war in den Betrieb des Auftraggebers eingegliedert, denn er erhielt den Auftrag, die Flugschüler auszubilden, nicht direkt von einer Airline, sondern vom Auftraggeber. Die Simulationsfluggeräte erhielt er auch vom Auftraggeber. Somit trug er als Trainer kein unternehmerisches Risiko, was für eine selbstständige Tätigkeit sprechen könnte. Eine Betriebsausstattung in einem relevanten Umfang benötigte der Trainer nicht.

Es geht nicht um die Höhe der Vergütung

Die Höhe der Vergütung ist kein entscheidendes Kriterium für eine Selbstständigkeit. Die Vergütung ist nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts nur ein Indiz.

Wenn die Sätze, die dem Fluglehrer gewährt wurden, zu einem (hypothetischen) Bruttogehalt eines in Vollzeit beschäftigten, angestellten Instruktors hochgerechnet werden, würden sich die Unterschiede relativieren. Zum einen sind für Arbeitnehmer noch die Arbeitgeberbeiträge zur Sozialversicherung hinzuzurechnen. Zum anderen wurde beziehungsweise wird der Fluglehrer nicht ständig, sondern nur bei Bedarf beschäftigt.

Bei nur fallweise benötigten qualifizierten Arbeitskräften ist dieZahlung eines höheren Arbeitslohns auch ein Ausgleich dafür, dass sich diese kurzfristig auf Abruf zur Verfügung stellen, was die Möglichkeit beschäftigungsloser Zeiten einschließt.

Beachten Sie, dass das Urteil nicht rechtskräftig ist, da die Revision beim Bundessozialgericht anhängig ist.

Die Lösung: Clearingverfahren anstreben

Um dem bösen Erwachen bei der nächsten Betriebsprüfung der Deutschen Rentenversicherung (DRV) vorzubeugen, sollte man bereits vor der Einstellung des Auftragnehmers bei der DRV Bund ein Clearingverfahren anstreben. Dieses Verfahren kann vom Auftragnehmer, aber auch vom Auftraggeber betrieben werden.

Ohne Clearingverfahren gibt es keine Sicherheit. Stellt sich nämlich bei der Betriebsprüfung heraus, dass jemand doch nicht selbstständig tätig ist, sondern eine abhängige Beschäftigung vorliegt, hat am Ende der Auftraggeber beziehungsweise der Arbeitgeber das Nachsehen. Er muss – mit Ausnahme der letzten drei Monate vor der Betriebsprüfung der DRV – neben den Arbeitgeberanteilen auch für die Arbeitnehmeranteile zur Sozialversicherung aufkommen.