Schätzung der Restnutzungsdauer eines Gebäudes

Stellt die Immobilienwertermittlungsverordnung eine ausreichende Darlegungsmethode dar, um die Schätzung der Restnutzungsdauer eines Gebäudes rechtssicher zu ermitteln? Nein, sagt der Bundesfinanzhof. Auf welche Methode Sie besser zurückgreifen sollten.

30. Oktober 2024
alt text

Eine Steuerpflichtige bekam aufgrund eines Erbvertrages mit ihrem Lebensgefährten nach dessen Tod vermächtnishalber daslebenslange Nießbrauchsrecht an einem vermieteten Grundstück. Auf dem Grundstück befanden sich ein im Jahr 1970 errichtetes Bürogebäude mit Betriebswohnungen und eine Lagerhalle. Die Steuerpflichtige hatte sich im Erbvertrag zudem verpflichtet, die zum Zeitpunkt des Anfalls des Vermächtnisses noch bestehenden Verbindlichkeiten, die auf dem Grundstück lasteten, zu übernehmen. Erben des Lebensgefährten und damit Eigentümer des Grundstücks wurden dessen Söhne. Im Jahr 2013 veräußerte ihr einer der Söhne seinen Miteigentumsanteil.

In ihrer Einkommensteuererklärung für 2014 machte die Steuerpflichtige bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung für die auf die Gebäude entfallenden Anschaffungskosten Abschreibungen (AfA) geltend. Hierbei unterstellte sie eine tatsächliche Nutzungsdauer der Gebäude von nur noch sechs Jahren. Das Finanzamt (FA) erließ später einen geänderten Einkommensteuerbescheid, in dem nur noch der pauschale AfA-Satz von 2 Prozent anerkannt wurde. Hiergegen zog die Steuerpflichtige vor das Finanzgericht (FG) Köln und bekam zunächst Recht. Denn die Kölner Finanzrichter holten nun das Gutachten eines Sachverständigen ein, der die Restnutzungsdauer mit einem ähnlichen Ergebnis wie die Steuerpflichtige nach der Immobilienwertermittlungsverordnung (ImmoWertV) schätzte.

Das FA hielt das für rechtsfehlerhaft und ging in die Revision. Der Bundesfinanzhof (BFH) hielt die Revision inzwischen für begründet. Die Richter urteilten, dass man sich jeder geeigneten Schätzungsmethode bedienen könne. Ein schlichter Verweis auf die ImmoWertV sei nicht ausreichend (BFH, Urteil vom 23.01.2024 – IX R 14/23).

Damit stellt die ImmoWertV also keine taugliche Darlegungsmethode dar, um sicher eine abweichende Nutzungsdauer nachweisen zu können. Für die Praxis heißt das, dass für die Geltendmachung einer abweichenden Nutzungsdauer nach wie vor in aller Regel das Gutachten eines öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen erforderlich ist.