Private Veräußerungsgeschäfte im Zusammenhang mit Erbfällen und Selbstnutzung
Die steuerliche Behandlung von Veräußerungsgeschäften unterliegt einer Vielzahl von rechtlichen Überlegungen und Urteilen. Die Ausnahmen von der Besteuerung bei selbstgenutzten Immobilien und die Abgrenzung dieser Regelungen sind Gegenstand kontroverser Entscheidungen. Ausgehend von den Urteilen des Bundesfinanzhofs und der Finanzgerichte zeigen wir Ihnen, worauf Sie im Erbfall oder bei Selbstnutzung achten müssen.
Ein privates Veräußerungsgeschäft liegt nicht vor, wenn der an einer Erbengemeinschaft Beteiligte einen Erbanteil an der Erbmasse, zu der ein Grundstück gehört, hinzuerwirbt und das Grundstück innerhalb von zehn Jahren mit Gewinn veräußert. Diese positive Entscheidung hat der Bundesfinanzhof getroffen. Frohe Kunde kommt auch vom Finanzgericht Münster, wonach der entgeltliche Verzicht auf ein Nießbrauchrecht ebenfalls kein privates Veräußerungsgeschäft darstellt. Weniger erfreulich sind zwei Urteile des Bundesfinanzhofs, in denen es um die Steuerbefreiung bei einer Selbstnutzung der Immobilie ging.
Rechtlicher Hintergrund
Private Veräußerungsgeschäfte mit Grundstücken, bei denen der Zeitraum zwischen Anschaffung und Verkauf nicht mehr als zehn Jahre beträgt, unterliegen der Besteuerung. Ausgenommen sind aber Wirtschaftsgüter, die
- im Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung ausschließlich zu eigenen Wohnzwecken oder
- im Jahr der Veräußerung und in den beiden vorangegangenen Jahren zu eigenen Wohnzwecken genutzt wurden.
Erwerb eines Anteils einer Erbengemeinschaft mit Grundstück
Dem Urteil des Bundesfinanzhofs lag folgende (vereinfachte) Thematik zugrunde:
Die Erbmasse der aus A und B bestehenden Erbengemeinschaft besteht aus einem vom Erblasser bis zu seinem Tod selbstgenutzten Grundstück. A erwirbt in 2020 den hälftigen Gemeinschaftsanteil von B für 250.000 Euro und veräußert das Grundstück in 2023 für
600.000 Euro. Fraglich ist nun, ob sich aus der Grundstücksveräußerung in Bezug auf den für 250.000 Euro erworbenen Erbanteil ein steuerpflichtiger Gewinn ergibt.
Nach Ansicht des Bundesfinanzministeriums entsteht durch den Verkauf ein steuerpflichtiger Veräußerungsgewinn – und auch das Finanzgericht München ging im Streitfall von einem steuerpflichtigen Vorgang aus. Gut, dass die Revision eingelegt wurde, denn der Bundesfinanzhof hat einen steuerpflichtigen Vorgang in diesem Fall verneint.
Auf den Punkt gebracht, bedeutet die neue Entscheidung Folgendes: Derjenige, der als Beteiligter einer Erbengemeinschaft einen Erbanteil an einer Erbmasse erwirbt, zu der auch ein Grundstück gehört, das er nachfolgend innerhalb von zehn Jahren veräußert, löst kein privates Veräußerungsgeschäft aus. Soweit der Bundesfinanzhof in seinem Urteil vom 20. April 2004 eine hiervon abweichende Auffassung vertreten hat, hält er hieran nicht länger fest.
Es bleibt abzuwarten, wie die Finanzverwaltung auf die neue Entscheidung reagieren wird, und ob sie ihre bisherige Auffassung ändert.
Keine Steuerbefreiung für Verkauf eines Gartengrundstücks
Im Streitfall erwarben die Steuerpflichtigen ein Grundstück mit einem alten Bauernhofgebäude. Das Gebäude bewohnten sie selbst. Das Gebäude war von einem fast 4.000 Quadratmeter großen Grundstück umgeben. Dieses nutzten die Steuerpflichtigen als Garten.
Später teilten sie das Grundstück in zwei Teilflächen. Sie bewohnten weiterhin das Haus auf dem einen Teilstück. Den anderen – unbebauten – Grundstücksteil veräußerten sie innerhalb der zehnjährigen Veräußerungsfrist. Das Finanzamt sah hierin einen steuerpflichtigen Vorgang und besteuerte den Veräußerungsgewinn. Dagegen machten die Steuerpflichtigen eine Befreiung von der Einkommensteuer wegen einer Nutzung zu eigenen Wohnzwecken geltend – jedoch zu Unrecht, wie der Bundesfinanzhof befand.
Er stellte klar, dass eine Ausnahme von der Besteuerung nur dann vorliegt, wenn die Immobilie vom Steuerpflichtigen bewohnt wird. Mangels eines auf dem Grundstück befindlichen Gebäudes können unbebaute Grundstücke jedoch nicht bewohnt werden, sodass der Befreiungstatbestand nicht greift. Dies gilt auch, wenn ein vorher als Garten genutzter Grundstücksteil abgetrennt und dann veräußert wird.
Zu beachten ist, dass mit der Teilung aus dem bis dahin einheitlichen Wirtschaftsgut Grund und Boden zwei neue Wirtschaftsgüter (Grundstücke) entstehen, deren Nutzung zu eigenen Wohnzwecken jeweils getrennt zu betrachten ist.
Keine eigenen Wohnzwecke bei Nutzung durch (Schwieger-)Mutter
Ehegatten überließen eine ihnen gehörende Wohnung an die (Schwieger-)Mutter. Nach deren Tod verkauften sie die Wohnung innerhalb der Zehnjahresfrist und machten für den Veräußerungsgewinn eine Steuerbefreiung wegen Selbstnutzung geltend, da ihnen die Nutzung der Wohnung durch die (Schwieger-)Mutter als Eigennutzung zuzurechnen sei.
Auch in diesem Fall hat der Bundesfinanzhof zulasten der Steuerpflichtigen entschieden. Der Ausdruck »Nutzung zu eigenen Wohnzwecken« setzt grundsätzlich voraus, dass die Immobilie vom Steuerpflichtigen bewohnt wird. Der Steuerpflichtige muss das Gebäude zumindest auch selbst nutzen; unschädlich ist, wenn er es gemeinsam mit seinen Familienangehörigen oder einem Dritten bewohnt.
Ein Gebäude wird zwar auch zu eigenen Wohnzwecken genutzt, wenn der Steuerpflichtige es einem einkommensteuerlich zu berücksichtigenden Kind unentgeltlich zu Wohnzwecken überlässt. Keine Nutzung zu eigenen Wohnzwecken liegt hingegen vor, wenn die Überlassung nicht ausschließlich an ein einkommensteuerlich zu berücksichtigendes Kind, sondern zugleich an einen Dritten (zum Beispiel die Kindesmutter) erfolgt.